tl;dr: Wenn wir eine ständige Mitgliederversammlung machen, dann bitte richtig.
Momentan gibt es im LiquidFeedback-System der Piratenpartei auf Bundesebene eine Diskussion über die SMV. Die SMV ist die sogenannte ständige Mitgliederversammlung im Internet. Die Idee dahinter ist, einen Parteitag, der bisher an einem Ort zu einer bestimmten Zeit stattfand, ständig im Internet stattfinden zu lassen. Das ist möglich, da es eine Lücke im deutschen Parteiengesetz gibt: Es definiert nicht, wie ein Parteitag gemacht werden muss, damit er ein Parteitag ist. Es wird lediglich gesagt, dass Programm auf einem Parteitag beschlossen werden muss.
Der aktuelle Vorschlag im LiquidFeedback sieht vor, dass nur Positionspapiere in dieser ständigen Mitgliederversammlung beschlossen werden können, kein Grundsatz- oder Wahlprogramm. Hierzu habe ich zwei Anmerkungen:
1. Unsere Satzung kennt die Beschlussform Positionspapier nicht. Es ist damit ein sonstiger Parteitagsbeschluss, der „Positionspapier“ betitelt wird. Es ist aber insbesondere in der Abgrenzung zum Grundsatz- und Wahlprogramm nicht klar, was ein Positionspapier sein soll, was die Funktion eines Positionspapiers ist und wie damit weiter verfahren wird. Da es als sonstiger Parteitagsbeschluss lediglich eine einfache Mehrheit benötigt ist es zumindest gefühlt nicht so viel wert wie ein Beschluss für das Grundsatz- oder Wahlprogramm, denn hierfür werden jeweils eine Mehrheit von 2/3 benötigt.
2. Wenn wir in der SMV nur Positionspapiere beschließen, müssen wir uns für das Beschließen von Grundsatz- und Wahlprogrammen wieder auf Parteitagen treffen. Ich treffe mich gerne mit Piraten auf Veranstaltungen, wenn der Parteitag in Bochum mit seinen 2.000 akkreditierten Teilnehmern aber eins gezeigt hat dann, dass diese Veranstaltungen hochgradig ineffektiv sind. Das bedeutet, wir hätten mit einer SMV die nur Positionspapiere beschließen kann keinen der Kritikpunkte behoben, die es im Moment an unseren Bundesparteitagen gibt.
Ich würde mir wünschen, dass wir den Mut haben, in Neumarkt eine ständige Mitgliederversammlung zu beschließen, die auch Parteiprogramm beschließen kann. Grade in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfes könnten wir so als Partei auf öffentliche Diskussionen reagieren und online verbindliche Beschlüsse fassen. Wir wären, was unser alleinstellungsmerkmal Onlinebeteiligung angeht, glaubwürdig und würden innerparteilich vorleben, was wir uns für die ganze Gesellschaft wünschen.
Hier geht es zur Diskussion in LiquidFeedback. Hier könnt ihr die Anregung unterstützen, dass die SMV auch Parteiprogramm beschließen können soll.
Ich arbeite daran und wünsche mir, dass wir 1. das Thema eDemocracy vertiefter und umfassender behandeln und 2. grundsätzlich in diesem Bereich mehr Mut und Engagement zu Tage blicken lassen.
In letzterem Punkt nahm ich besonders den Umgang mit der Bundeskiste, die eine potentiell wichtige Grundlage für eDemocracy ist, sehr schmerzhaft wahr:
Man tat in Anbetracht der aufkochenden Kontroverse nicht das, was in der Sache das beste gewesen wäre, sondern hat einfach stur seinen Beschluss-Prozess durchgezogen.
Anstatt einfach immer mehr Kompromisse zu machen, bis die Empörung ein nicht allzu hinderliches Ausmaß mehr hatte, wäre es viel besser gewesen, die Bundeskiste zurück in den Diskussions-Prozess zu schieben, und in diesem all die aufgekommene Kritik so zu reflektieren, dass sie deutlich berücksichtigt ist, ohne aber das wertvolle Konzept zu verwässern.
So viel zum Punkt 2; zum Punkt 1:
eDemocracy heißt nicht „LQFB (+sMV), oder gar nix“.
LQFB ist 1 Tool aus einer Gruppe von Tools, die ihrerseits wiederum nur die Spitze des Eisbergs ist: Die Gruppe der Beschlusssysteme. Das ist ein Umstand, der leider Gottes noch immer viel zu wenig Piraten klar ist:
https://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/6/61/Will-forming_system.jpg
Willensbildungsprozesse, auch basisdemokratische & liquid-demokratische, sind nicht nur ein Zusammentragen von Beschluss-Vorlagen, die aus dem Nichts erscheinen und die dann angenommen oder abgelehnt werden; Willensbildungsprozesse sind aufgebaut in 3 Phasen: Informieren > Diskutieren > Beschließen
Für jede dieser 3 Phasen gibt es eine AG, deren Ziel es ist, ein entsprechendes Tool für die jeweilige Phase zu entwickeln.
Was soll ich sagen, Leute ?
Macht mit, macht mit, macht mit – das sind essentiell wichtige Baustellen; die Kontroverse „sMV – ja oder nein“ greift viel zu kurz, zumal sich die profundesten Einwände gegen eine sMV lösen lassen, indem man sie verstärkt im Informations- und im Diskussionssystem reflektiert.
In diesem Sinne:
AG Bürgerbeteiligung – entwickelt ein Informationssystem (Fakten & Daten zusammentragen, gegenprüfen, verdichten und visualisieren): http://wiki.piratenpartei.de/AG_Buergerbeteiligung
Aktive Mitglieder: 0
AG Meinungsfindungstool – entwickelt ein Diskussionssystem (Diskutieren rundum optimieren einschl. bündeln und lebendig archivieren):
https://wiki.piratenpartei.de/AG_Meinungsfindungstool
Aktive Mitglieder: 8
AG Liquid Democracy – entwickelt das Beschlusssystem Liquid Feedback weiter:
https://wiki.piratenpartei.de/AG_Liquid_Democracy
Aktive Mitglieder: 1
AG Liquid Democracy – PG sMV – entwickelt konsensfähigen sMV-Antrag:
http://wiki.piratenpartei.de/PG_St%C3%A4ndige_Mitgliederversammlung
Aktive Mitglieder: 5-15
– #sMVcon – 9./10. März 2013 in Rostock-Warnemünde – Beschlusssystem mitentwickeln – http://smvcon.piratenpartei-mv.de
AG Liquid Feedback – entwickelt das Beschlusssystem Liquid Feedback weiter:
https://wiki.piratenpartei.de/AG_Liquid_Feedback
Aktive Mitglieder: 0
Saftige Kumquat – Interface-Re-Design-Projekt für LQFB:
http://saftigekumquat.org/
Aktive Mitglieder: 4
Moin,
ich finde die SMV sehr wichtig, denn sie wäre ein weiterer Schritt auf unserer Liquid Democracy Agenda. Aber befürchte im Moment würde diese einfach in der Nichtnutzung versanden. Ähnlich wie LQFB. Viele Menschen würden gerne mehr das LQFB und später auch eine SMV nutzen, tun es aber nicht. Daher muss erstmal eine effektiv funktionierende Beteiligungsstruktur geschaffen werden, die ganz selbstverständlich auf LQFB und SMV zugreift.
Als ersten Schritt müssen erstmal Parteitage syncronisiert dezentral stattfinden können. Dafür brauchen wir effektive Multi-Konferenzwerkzeuge. Streaming aller teilnehmenden Untergliederungen sind dabei nicht so wichtig wie ein syncronisierter Wissensstand und endgültige valide Abstimmungen. Ich glaube daran das das machbar ist und sogar die Durchführung jeder einzelnen Veranstaltung verbessern kann.
Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu akzeptierter und angewendeter LD (alias LQFB und SMV) sind permanente Treffen zur Bearbeitung definierten Themengebieten in LQFB bzw. SMV durch alle Gliederungsebenen. Mit Zielrichtung Beschlussfassung und Erzeugung politischer Fakten.
viele Grüße
Robert
[…] Lauer hat wieder einen blogpost verfasst zum Thema SMV* dieser Post hier auf meinem Blog ist die etwas längere Antwort die ich […]
Hi,
immer wenn es bei der sMV darum geht, formal bindende Parteitagbeschlüsse zu fassen, beginnt eine kontroverse Diskussion zu den technischen Feinheiten der Akkreditierung und zum (Un-)Sinn von Wahlcomputern. Warum machen wir es nicht, wie agile SW-Entwickler und starten mit einem überschaubarem System, bevor wir die dicken Bretter Stück für Stück bohren?
So könnten wir in einer sMV neben Positionen auch komplette Programme erarbeiten und abstimmen (quasi als ständige, basisdemokratische Programmkommission). Die bindende Entscheidung über das abgestimmte Programm trifft zunächst noch ein klassischer Präsenzparteitag.
Neben dem praktischen Vorteil, die angesprochenen dicken Bretter nicht gleich bohren zu müssen, ist eine Abstimmung in der Halle doch auch ein ganz nettes Ritual – zumindest wenn es um etwas sinnvolleres geht als 1000e von GO-Anträgen.
Andreas
Hallo Christopher,
mir ist eine Sache noch nicht klar und vielleicht kannst du oder einer der Mitkommentatoren mir dort etwas Erhellung bescheren: Ich habe den Eindruck, dass die Überprüfbarkeit der Teilnehmer untereinander eine Anforderung ist, die auf Parteitagen nicht gegeben ist. Weshalb wird sie dann aber für eine SMV als zwingend notwendig erachtet?
Auf einem Parteitag werden wir alle gegen unsere Ausweise akkreditiert, laufen danach aber theoretisch pseudonym, praktisch anonym (es wird nicht erfasst, welcher Pirat welche Nummer der Akkreditierungsunterlagen erhalten hat) durch die Gegend. Bei etlichen Tausend Piraten ist eine zuverlässige Identifikation durch Freunde unwahrscheinlich. Wir tragen kein Schild mit unserem bürgerlichen Namen vor uns her. Wir sind auch nicht verpflichtet, einem evt. anfragendem Piraten unseren Ausweis zu zeigen. Selbst wenn wir dies täten, wäre dies keine Information, mit der der anfragende Pirat ermitteln könnte, dass ich stimmberechtigt bin oder ich die an mich übergebenen Akkreditierungsunterlagen verwende oder andere, die ich im Müll gefunden habe, weil jemand sie mitsamt Bändchen dort nach Ende des ersten Tages abgelegt hat. Ich kann folglich nur mit jedem einzelnen Piraten zu den Akkreditierungspersonen gehen und prüfen lassen, ob dieser stimmberechtigt wäre. Ob er an geheimen Wahlen mit zwei Stimmen abstimmt wäre aber weiterhin nicht auflösbar (somit also ein Sockenpuppenproblem). Unter diesen Voraussetzungen – keine Überprüfbarkeit der Teilnehmer untereinander – führen wir auf Parteitagen geheime Wahlen durch und beschließen Satzungs- und Programmänderungen.
Meine These: Wir vertrauen Parteitagen, weil wir ihnen vertrauen wollen. Einer SMV wollen wir nicht vertrauen. Deshalb möchten wir dort Kontrollmöglichkeiten installieren, die weit über denen liegen, die wir für Parteitage anwenden.
Mein Wunsch: Ein vollständiges Abbild der jetzt von uns seit Jahren angewendeten Kontrollstrukturen von Parteitagen auf eine SMS als Startpunkt. Das wäre ein System mit einer Akkreditierung gegen den Personalausweis, welches anschließend anonym funktioniert (das ist weniger, als wir momentan haben!). Wer mehr möchte sollte zunächst erklären, weshalb er einem Parteitag vertraut.
Ciao,
Oliver
Hallo Oliver,
ich nehme an, das liegt daran, dass auf euren Parteitagen – zumindest, wenn’s geheim sein soll – per Stift, Papier und Wahlurne abgestimmt wird – ein Verfahren, dessen Ablauf sich kontrollieren lässt und mit dem man die Wahlrechtsgrundsätze umsetzen kann. Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Wahlrechtsgrunds%C3%A4tze#Wahlrechtsgrunds.C3.A4tze
Wie das mit dem Abstimmen per Stimmkarte aussieht, habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung. Mit Computern jedenfalls ist eine Umsetzung der Wahlrechtsgrundsätze leider nicht möglich. Will man eine Computerabstimmung durchführen, muss man entweder auf das Wahlgeheimnis verzichten – oder man lässt die Transparenz und Öffentlichkeit der Wahl wegfallen, womit das Ergebnis wertlos wäre.
Sprich: Bei Papierwahl ist gleichzeitig geheime und nachprüfbare / transparente Wahl möglich, beim Computer nicht.
Hoffe, das hat etwas Licht ins Dunkel gebracht!
Viele Grüße, Raphael
Ich sehe es genau wie Oliver!
Der CCC hat bewiesen, dass Wahlcomputer so nicht gehen, aber er hat nicht bewiesen, dass reallife Wahlen klargehen!
Das Gegenteil ist der Fall! In jeder Stadt kann die Zwillingsschwester ein 2. mal wählen gehen. Letztens gabs mal ein Test, wo sich Leute Wahlbenachrichtigungen von jemand anderes haben schicken lassen. Ich hab mal ne Statistik aus Bayern gelesen, wo die Mehrheit weder Perso noch Wahlbenachrichtgung zur Wahl mitgebracht hat und selbstverständlich gewählt hat.
Die Wahlprüfer sind an sich genug Leute, aber wenn die sich alle einig sind, dass die NPD in ihrem sauberen 150 Seelenörtchen keinen Platz hat, dann könnte im Extremfall dieser Wahlzettel auch ganz schnell mal verschwinden.
Der erste, der morgens seinen Zettel in die Urne schmeißt, kann auch nicht sicher sein, dass der dort so reinfällt, dass später nicht mehr nachvollziehbar ist, dass es genau seiner ist. Und die Dinger werden gefaltet-mit modernsten Kameras kann man den Zettel abfilmen und später sehen wann er eingeworfen wurde von wem…
Hallo Jacky,
warum sollte der CCC beweisen müssen, „dass reallife Wahlen klargehen“?
Dass auch ordnungsgemäß durchgeführte Papierwahlen in geringem Ausmaß – aber eben nur in geringem Ausmaß – manipulierbar sind und dass auch bei jeder Bundestagswahl Manipulationen stattfinden, ist doch längst bekannt. Für sowas gibt es beispielsweise die Möglichkeit, die versiegelten Urnen, die aufbewahrt werden, noch einmal hervorzukramen und ein zweites Mal auszuzählen. Was möchtest du nun damit begründen oder daraus schließen?
Vollkommen klar, einhundertprozentige Manipulationssicherheit und Anonymität der Stimmabgabe sind auch bei Papierwahl nicht zu gewährleisten. Dennoch bleibt sie das einzige mir bekannte Verfahren, mit dem man bei ordentlicher Durchführung die Wahlrechtsgrundsätze einigermaßen erfüllen kann.
Das alles ändert nichts daran, dass man für eine Online-Abstimmung auf einen der Grundsätze, also entweder auf die geheime oder auf die nachprüfbare, transparente, nachvollziehbare Wahl verzichten muss. Also nochmal: Was möchtest du mit deiner Argumentation genau begründen?
Schöne Grüße, Raphael
Gemäß der Begründung der von Christopher verlinkten Liquid-Initiative handelt es sich bei einem Parteitag um einen Wahlcomputer Typ 2.
—
Ob tatsächlich hinter jeder Identität genau eine Person steht kann durch die Teilnehmer jedoch nicht geprüft werden. Da dieses Pseudonym nicht geeignet ist, anderen Teilnehmern die Identifikation der Person zu erlauben, kann von den Teilnehmern die Akkreditierung in keiner Weise geprüft werden. Die Teilnehmer können auch nicht prüfen, ob von jeder Person nur eine Stimme gezählt wird, da nicht geprüft werden kann, ob eine Person mehrfach akkreditiert wurde. Hier muss dann z. B. auf die zertifizierende Regierungsstelle sowie auf die Administratoren des Abstimmungssystems vertraut werden.
Beim Wahlcomputer Typ 2 durch die Teilnehmer prüfbar:
* Nur berechtigte Personen nehmen teil: nicht überprüfbar
* Jede Person nimmt nur einmal teil: nicht überprüfbar
* Die Stimmen werden korrekt ausgezählt: vollständig überprüfbar
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Der zitierte Abschnitt beschreibt die Probleme bei geheimen Abstimmungen auf einem Parteitag.
Die von dir genannten Beispiele sind etwas an den Haaren herbei gezogen. Bei z.B. der Bundestagswahl steht der gesamte Prozess ja unter kontrollierter Beobachtung, wogegen unsere Parteitage ja selbst ermöglichen, dass irgendjemand mit irgendeiner passenden farbigen Karte rein marschieren und die hochhalten kann, ohne dass er oder die Karte noch einmal überprüft werden. Trommel 50 Leute zusammen, druck dir im Copyshop die Karten aus und du kannst alle nicht-anonymen Abstimmungen wunderbar manipulieren, weil du dafür ja nicht einmal das Bändchen mit der Validierungsnummer brauchst.
Und geheime Abstimmungen lassen sich auch angenehm einfach kaputt machen: Die Akkreditierungsunterlagen bei einem Parteitag gelten in der Regel für alle Tage. Verliere ist sie oder werfe sie weg (Unterlagen und Bändchen), so kann ich mir am nächsten Tag neue Unterlagen holen. Der Finder meiner Unterlagen kann nun aber mit meiner und seiner Stimme an geheimen Abstimmungen teilnehmen – dafür muss er nur zu unterschiedlichen Urnen gehen (bei normalen Abstimmungen würde das auffallen). Noch einfacher ginge es natürlich, wenn du dir auch das Bändchen noch mitdruckst. Es wird ja nur kontrolliert, ob die Nummer auf dem Bändchen mit der Nummer auf dem Abstimmblock identisch ist, nicht ob die Nummer an sich valide ist oder wem sie zugeordnet wurde (die Zuordnung wird ja eh nicht protokolliert…). Jeder Softwareentwickler würde dir das um die Ohren hauen. Das ist ja so, als würdest du jedem deinen privaten Schlüssel geben und darauf vertrauen, dass da schon nichts passiert.
Betrachtet man nur beide Sachen wird schnell klar, dass das Auftreten mit bürgerlichem Namen in einer SMV schlicht Banane ist, weil unsere Parteitage, denen wir vertrauen, manipulierbar sind und einen Wahlcomputer darstellen. Oder anders gesagt: Wer eine SMV mit bürgerlichen Namen möchte, der muss nur wie oben beschrieben die Abstimmung manipulieren und hat sie ;).
Raphael:
„Das alles ändert nichts daran, dass man für eine Online-Abstimmung auf einen der Grundsätze, also entweder auf die geheime oder auf die nachprüfbare, transparente, nachvollziehbare Wahl verzichten muss.“
Es wäre ja schon ein Fortschritt, wenn man über so etwas diskutieren könnte. Aber ich höre immer nur, dass eine SMV nur funktioniere, wenn die Identitäten für jeden einzelnen nachprüfbar sind. Auf Rückfrage kommen dann weiche Erklärungen wie „dann lässt sich Lobbyismus besser erkennen“, „ich weiß gerne, mit wem ich spreche“ oder „ihr seid alle Politiker, damit müsst ihr auch eure Identität offen legen“. Also nur subjetive Erklärungen, die keiner objektiven Prüfung Stand halten.
Ich sage dagegen: Wer in der Lage ist, einem Parteitag zu vertrauen, der muss auch in der Lage sein, einer SMV zu vertrauen, die anonym oder pseudonym arbeitet.
Hallo Oliver,
ich glaube, da gibt es immer noch das ein oder andere Missverständnis.
Zum einen ist ein Parteitag der Piratenpartei, wie er bisher stattfindet, selbstverständlich kein „Wahlcomputer“. Von daher ist es müßig, irgendwelche Definitionen für Wahlcomputer auf diese Parteitage anwenden zu wollen.
Zum anderen könnt ihr natürlich gerne „über so etwas diskutieren“ (verstehe ich nicht ganz, worüber habt ihr denn bisher diskutiert, wenn das jetzt ein Fortschritt ist?) – aber wenn du jetzt den konkreten Punkt meinst, wäre auch das müßig, denn er lässt sich technisch bedingt nunmal nicht ändern: Abstimmung per Computer – entweder geheim oder nachprüfbar.
Schöne Grüße, Raphael
Hallo Raphael,
angesichts der Kriterien würde er aber als Wahlcomputer gelten. Aber unabhängig von der Bezeichnung bleibt ja das Fazit:
* Nur berechtigte Personen nehmen teil: nicht überprüfbar
* Jede Person nimmt nur einmal teil: nicht überprüfbar
* Die Stimmen werden korrekt ausgezählt: vollständig überprüfbar
Im Rahmen der SMV aber auch des Liquid-Betriebs in Berlin und gerade auch von Mandatsträgern höre ich häufig, dass für sie das System nur dann eine Verbindlichkeit hat, wenn klar erkennbar ist, welche Stimme zu welcher Person gehört. Zu dieser Maximalforderung habe ich bislang noch keine Erklärung erhalten, die jenseits des subjektiven Empfindens Bestand hat (zumal die Information, dass das dort Max Mustermann ist, mir ja auch nicht hilft, wenn ich Max Mustermann nicht kenne). Auf der anderen Seite gibt es dann die Personen, die die Befürchtung haben, dass die Darstellung des bürgerlichen Namens sozialen Druck erzeugt und nicht gewünscht ist, ein Archiv der politischen Entscheidungen jedes Piraten anzulegen. Wie ich finde solide Anmerkungen. Und zwischen diesen Seiten passiert sehr wenig.
Mir ist weiterhin unklar, weshalb wir Parteitage mit solchen offensichtlichen Manipulationsmöglichkeiten tolerieren, gleichzeitig aber eine SMV mit bürgerlichem Namen haben möchten und weshalb eine SMV, die nur den Kriterien eines Parteitags entspräche, kein Vertrauen erhalten würde.
Hier wird das Spannungsverhältnis gut dargelegt: https://wiki.piratenpartei.de/AG_Liquid_Democracy/Die_Argumente/Pseudonym_oder_B%C3%BCrgerlicher_Name
@Raphael:Ganz einfach: Die Piraten setzen bei einer SMV gerne ein Maß an, welches in der Realität so bei keiner reallife Wahl gegeben ist!
Es ist gut, dass fast jedes Dorf sein eigenes Wahllokal hat, denn so kann fast jeder gut zur Wahl kommen, aber wenn in dem Dorf nur n paar Dutzend wahlberechtigte Leute wohnen und alle gültig das selbe wählen, ist es schon Essig mit geheim! Und es ist unwahrscheinlich, dass das im damaligem 3Parteiensystem NIE vorkam. Wie beim Fußballspiel, wo Fehlentscheidungen für die eine Seite meist durch Fehlentscheidungen der Anderen Mannschaft seitens des Schiris ausgeglichen werden, wird es aber auch bei einer SMV sein.
Wenn die eine Seite falsch spielt, spielt die Andere höchst wahrscheinlich auch falsch und am Ende stimmt das Ergebnis. Falls irgendwann mal ein Ergebnis kommt, was völlig dem Mainstream widerspricht, wird man im Nachhinein schon dagegen vorgehen. Das Risiko sich auf diesem Wege als Partei lächerlich und unwählbar zu machen besteht.