Mir sind diese „Mimimi XY behindert uns beim Wahlkampf“-Beiträge eigentlich zu doof, allerdings ist bei mir grad ein Punkt erreicht, an dem ich diese groteske Geschichte mal aufschreiben muss.
Es begab sich zu der Zeit, dass die Piraten in Pankow Wahlkampf machen wollten. Straßenwahlkampf wird ja traditionell dort gemacht, wo Menschen sind, z.B. vor Einkaufszentren, denn Menschen gehen ja gerne einkaufen. So z.B. auch in die Schönhauser Allee Arcaden. Die sind so ein Einkaufszentrum in Berlin, mitten in Pankow. Vor den Schönhauser Allee Arcaden sieht es so aus:


Wie man sieht: Massig Platz, wenn man Bock hätte könnte man dort wahrscheinlich ein kleines Konzert stattfinden lassen. Jeden Tag laufen hier tausende von Menschen lang, die in SBahn, Tram, UBahn um- und einsteigen. Was könnte schief gehen?
Möchte man in Berlin einen Wahlkampfstand machen, dann muss der beantragt werden. Denn, selbst ein Kundenstopper ist ein Eingriff in den Straßenverkehr und daher genehmigungspflichtig. Die Genehmigung bekommt man beim Bezirksamt. In der Theorie.
Unseren ersten Antrag einen Wahlkampfstand vor den Schönhauser Allee Arcaden machen zu dürfen lehnt das Bezirksamt mit der Begründung ab, es handele sich beim gesamten Vorplatz um Privatgelände. Ich rufe also bei den Schönhauser Allee Arcaden an. Dort wird mir gesagt, nur ein Teil des Gebietes ist Privatgelände, der Rest ist öffentlicher Raum. Hiernach biete ich dem Bezirksamt an, mal selbst vorbei zu kommen, gerne können wir auch ins Kataster gehen und gucken, wem das Land vor dem Einkaufszentrum denn jetzt eigentlich gehört. Darauf schickt das Bezirksamt das hier zurück:

Der gelb markierte Teil ist Land Berlin, der Kasten mit der 172 gehört der Deutschen Bahn. Für den gelben Teil vor dem Kasten, bekommen wir aber keine Genehmigung, weil kein Platz. Für den Kasten der Deutschen Bahn ist das Bezirksamt natürlich nicht zuständig. Geiler Hack: Alle Freiflächen Staatsunternehmen geben, nicht mehr zuständig sein.
Grotesk ist, dass vor den Arcaden den ganzen Tag Drücker rumturnen, die einem ne Mitgliedschaft bei Amnesty oder irgendeinem Umweltverein andrehen wollen, da stehen lustige Erdbeerhäuschen, lebende Statuen die Touristen Geld aus der Tasche leiern, aber wenn man nen einfachen Kundenstopper aufstellen und den Passanten Wahlwerbung in die Hand drücken will, dann ist Polen offen.
Es ist so absurd und bescheuert. Das traurige ist ja, in Berlin will das Ordnungsamt die Genehmigungen für Wahlkampfstände wirklich sehen. Ich glaube ich lasse es jetzt aber drauf ankommen, stelle mich einfach ins Stück der Deutschen Bahn und lasse mich im Zweifelsfall von der Polizei wegtragen, Wahlwerbung mal anders.
Flyern ohne Stand ist doch sicher erlaubt und mit einem umgebauten Bauchladen mit Regenschirm und Flyerständer würdest du sicher den lebenden Statuen die Schau stehlen: http://de.m.wikipedia.org/wiki/Grillwalker
Hm….
Ich bin für wegtragen lassen. In erster Linie, weil ich denke daß Du das abkannst. Und zweitens wegen dem hier
https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4220.html (habe jetzt nicht geprüft ob das im Bund oder in Berln auch im Program ist. Einige Verbände sind aber klar entsprechend positioniert.)
Wahlkampf im öffentlichen Raum sollte zulässig sein.
Den öffentlichen Raum privatisieren lehnen wir ab.
Interessanter Kontrast zu Hamburg:
Hier sind 100% aller Bezirksamstleiter mit SPD-Parteibüchern besetzt, die originellerweise für die Ahndung von Verstössen zuständig sind, und genau das konsequent nicht tun. Weshalb die SPD-Kandidaten einen Freibrief zum drauf sch****** haben (auch wenn ich ungern Bild-Links poste).
http://www.elbe-wochenblatt.de/eimsbuettel/lokales/gelten-wahlkampfregeln-auch-fuer-die-spd-eimsbuettel-d17620.html
http://www.bild.de/regional/hamburg/hamburg/die-plakat-trickser-von-der-spd-30771044.bild.html
Zur Bürgerschaftswahl 2011 wurden Piraten und anderen Parteien noch mit 3 Tagen (nicht Wochen, schon gar nicht Monaten)-Fristen abgemahnt und ihnen unverzügliche Beseitigung angedroht…
> Geiler Hack: Alle Freiflächen Staatsunternehmen geben,
> nicht mehr zuständig sein.
Den Trick nutzen die „Sozial“-„Demokraten“™ z.B. am Hamburger Hauptbahnhof schon länger. Und weitaus heftiger:
http://hamburg-mitte.bezirkspiraten.de/2012/10/privatisierung-und-vertreibung-am-hauptbahnhof-grote-setzt-geltendes-recht-auser-kraft-und-verarscht-die-bezirksversammlung/
http://www.taz.de/!105501/
Stell dich als lebende Statue eines Berliner Politikers hin. Früher oder später errichten sie dir eh eine. ;)
Nee, ernsthaft: Manchmal ist es einfacher, den Besitzer des Privatgeländes nett zu fragen, ob er was dagegen hat, dass man sich da hinstellt. Ist ja völlig wurscht, ob die Leute auf der öffentlichen Fläche oder der privaten langlaufen, Hauptsache es bleibt genug Platz für Fußgänger und Kinderwagen.
Hi Christopher,
ich habe noch nie erlebt, dass irgendwer mich ach einer Standgenehmigung gefragt hätte (Segl.Zehl.), weder 2011, noch jetzt (aber wir sind brav und gesetzestreu und haben 15 Plätze beantragt).
Bei Einschreiten irgendwelcher Ordnungskräfte ist die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage sie tätig würden, immer hilfreich (nicht für die Gefragten, diese haben i.d.R. größte Schwierigkeiten, welche zu benennen).
Das Vorzeigen eines Ausweises des AGH (natürlich nur zur Identifikation als Person *grins*) wäre auch zu überlegen….
Grüße
Georg
könnte ja sein, dass aus den 6 Stühlen in der BVV 12 werden…