Gestern verübte der offenbar „psychisch auffällige“, 51 Jahre alte Jens R. mit einem VW Bus einen furchtbaren Anschlag in der Münsteraner Innenstadt. Eine 51-Jährige Frau und ein 65-Jähriger Mann wurden vom ihm ermordet, 20 weitere Menschen wurden verletzt. Jens R. tötete sich am Tatort offenbar selbst.

Die Berichterstattung zum Vorfall machte auf mich zunächst einen guten Eindruck. Keine hektischen Liveschalten, keine Spekulation, man wartete angesichts der schrecklichen Tat ab, was man berichten konnte.

Umso mehr wunderte mich, wie in dem Moment, in dem bekannt wurde, dass der Täter Deutscher war, ein terroristischer Hintergrund rigoros ausgeschlossen worden ist.

Auf Twitter schrieb Murat Kayman „Liebe Presse, bitte hört auf, „Täter ist Deutscher“ zu schreiben. Was ihr doch eigentlich sagen wollt: „Täter ist kein Muslim“. Aber ich bin deutscher Muslim. Ich bin kein Widerspruch in sich. Und dann lasst uns diskutieren, warum „Muslim“ zum Gegenteil von „Deutsch“ geworden ist“

An dieser Beobachtung ist vieles wahr. Wir alle können uns an den Beispielen der letzten Jahre ausmalen, welche Aufregung es gäbe, wenn es sich bei dem Täter um einen radikalen Islamisten gehandelt hätte. CDU/CSU hätten Schnappatmung bekommen und man hätte die Aufregung genutzt, um gegen Muslime und Flüchtlinge zu hetzen.

Ein Phänomen, dass es auch in anderen Bereichen gibt, tötet ein Deutscher seine Familie an Weihnachten, dann ist es eine „Familientragödie“, tut es ein Muslim, ist es ein „Ehrenmord“, es wird von Parallelgesellschaften fabuliert und darüber diskutiert, dass „Kulturen“ und „Mentalitäten“ nicht zu Deutschland passen.

Woran das liegt, kann ich nicht genau sagen, wahrscheinlich an der Kollektiven Vorstellung oder vielmehr dem Wunsch, dass Deutsche keine schlechten Menschen sein können.

Noch verwunderter war ich, dass auch sofort ein rechtsterroristischer Hintergrund ausgeschlossen worden ist, obwohl der Täter nach Informationen des ZDF Kontakte zum „rechtsextremen Millieu“ gehabt haben soll.

Dass die Deutschen mit rechtem Terror ziemlich gelassen umgehen können, zeigt ja der Nationalsozialistische Untergrund, kurz NSU. Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern, dass es in der deutschen Öffentlichkeit eine größere Panik gab, als Ausmaß und Umfang der rechtsterroristischen Morde und Anschläge bekannt wurde.

Auch erregte die Amokfahrt eines polizeibekannten, rechte Parolen grölenden Mannes in Cottbus, der mit seinem Jeep in eine Gruppe von zehn Menschen fuhr, bei weitem nicht so viel Aufsehen, wie die gestrige Tat in Münster, wahrscheinlich auch, weil keine Menschen ums Leben kamen.

Das alles lässt einen natürlich etwas ratlos zurück. Es drängt sich das Gefühl auf, dass es bei Verantwortlichen keine tatsächliche Motivation gibt, Hintergründe eines Anschlages aufzuklären, Dinge zu tun, um ein solches Attentat unwahrscheinlicher zu machen. Es scheint nur noch darum zu gehen, eine Bluttat als Munition für die Verfolgung einer Agenda zu nutzen. Das ist insbesondere dann bitter, wenn, wie in dem Tweet von Murat Kayman richtig beobachtet „Deutsch“ mit „nicht Moslem“ gleich gesetzt wird. Die Gleichsetzung, dass Deutsche immer keine Terroristen sind, Muslime aber immer schon, dass Deutsche, wenn sie sowas tun, psychisch krank sind, Muslime sich aber anscheinend immer bester geistiger Gesundheit erfreuen, diese Gleichsetzung schadet dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie setzt eine Herkunft, eine Religion, pauschal mit Terrorismus gleich.

Das muss aufhören.

 

 

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